Dr. Dr. Winfried Schachten
Rechtsanwalt
Das Eigentum als Brücke zu einer zivilisierten Friedensgemeinschaft
Diese Brücke wieder aufzubauen und zu erhalten ist noch heute auf drei Ebenen zu
leisten, auf denen auch heute noch mein Arbeitsgebiet liegt, nämlich
- auf dem Gebiet der unbefriedeten Menschenrechtsverletzungen und der damit verbundenen
Eigentumsprobleme aus der Besatzungszeit zwischen 1945 - 1949,
- auf dem Gebiet der Zuordnung von Grund und Boden der zwangskollektivierten
Bauern bzw. deren Rechtsnachfolger in den Bodenordnungsverfahren gem.
dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz (LwAnpG).und
- auf dem Gebiet der Probleme hinsichtlich der Auseinandersetzungsguthaben der
zwangskollektivierten Bauern bzw. deren Rechtsnachfolger beim Ausscheiden aus
den juristischen Personen, die nicht aus einer rechtswirksamen Umwandlung einer
LPG entstanden sind und die deshalb das LPG-Vermögen weder schuldrechtlich
noch dinglich rechtswirksam übernommen haben. Dessen rechtlicher Eigentümer
ist die LPG i. L., die nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz (LwAnpG)
noch immer unerkannt als Liquidationsgesellschaft weiterlebt.
Zu Zif. 2.)
Die Gewährleistung des Eigentumsrechtes als Grundrecht im Bodenneuordnungsverfahren
nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz (LwAnpG)
will Brücke sein zur Wiederherstellung des Privateigentums an Grund und
Boden in eigener Hand und zu der auf diesem beruhenden Bewirtschaftung
in vollem Umfang als Sicherung einer nachhaltigen Freiheitsordnung.
In meiner fast 30 jährigen hiesigen Tätigkeit habe ich beim Bundesverwaltungsgericht
und vor allem beim Bundesgerichtshof zahlreiche Entscheidungen als
Durchbrüche im Bereich der Vermögensrückführung, des Umwandlungsrechtes,
der Neugründung von LPG `en i.S. d. deutschen Gesellschaftsrechtes und auch
der Bodenneuordnung erreicht.
Ohne rechtsbewusste Betroffene durch das SED-Unrecht wäre das nicht möglich
gewesen.
Bodenneuordnungsverfahren habe ich betrieben von Wiek auf Rügen bis nach
Römhild bei Meiningen.
Sie als Leser meiner Homepage dürfen davon ausgehen, dass das Landwirt-
schaftsanpassungsgesetz (LwAnpG) mir sehr vertraut ist.
Mir ist aber auch vertraut, mit welcher Unverfrorenheit die Ämter bei den Bodenneuordnungsverfahren
im Blick auf die Gesetzestexte rechtswillkürlich nach ideologischen
Absichten die Gesetzestexte biegen und verbiegen, was man als Jurist
als Rechtsbeugung bezeichnet.
Wenn sich rechtsbewusste SED - Geschädigte nicht ein weiteres Mal hinters Licht
führen lassen, so sind diese nicht verhärtete Rechthaber, sondern rechtsbewusste
Staatsbürger, wenn diese gegen eine Verwaltung aufbegehren, die meint wider
den Gesetzestext die Betroffenen durch einseitig ideologisch gefärbte Entscheidungen
zermürben zu können.
Es gibt Gott sei Dank auch noch Rechtsinhaber, bei denen dies der Verwaltung
nicht gelingt. Dann sind das zwar nicht
HELDEN DER ARBEIT, aber HELDEN IM KAMPF FÜR DEN RECHTSSTAAT.
Die Bodenneuordnungsverfahren nach dem 8. Abschn. des LwAnpG (§§ 53 ff.)
dauern zum Teil seit der Wende bis heute, d. h. 30 Jahre, was - bei Anwendung
von Recht und Gesetz - in einem Jahr zu meistern gewesen wäre.
Die wirtschaftlichen Folgen sind dementsprechend ungeheuerlich.
§1 LwAnpG gewährleistet
die Wiederherstellung des Privateigentums und die
darauf beruhende Bewirtschaftung im vollen Umfang.
Durch §1 LwAnpG wird das Eigentum ohne wenn und aber wieder hergestellt
und gewährleistet:
Privateigentum an Grund und Boden und die auf ihm beruhende
Bewirtschaftung werden in der Land - und Forstwirtschaft in
vollem Umfang wieder hergestellt und gewährleistet.
Trotz des klaren Gesetzestextes dauern viele Bodenneuordnungsverfahren nach
dem 8. Abschn. des LwAnpG - wie gesagt - schon 30 Jahre und ein Ende ist
für die Betroffenen noch nicht abzusehen.
Die Methode ist dabei, dass die Verwaltung versucht, eine Landabgabe der
Grundeigentümer zugunsten der Gebäudeeigentümer zu erzwingen.
Eine Wiederenteignung durch eine Flurbereinigung ist absolut unzulässig.
Dazu gibt der Gesetzestext nicht die geringsten Anhaltspunkte her.
In diesem Zusammenhang ist auf die diesbezügliche BGH - Rechtsprechung hin-
zuweisen.
Der BGH hat in seinem Beschluß vom 08. Dezember 1995, AZ : BLw 29 / 95,
bes. S. 11, den grundlegenden Rechtsgedanken des Landwirtschaftsanpassungsgsesetzes (LwAnpG) so formuliert:
Das Landwirtschaftsanpassungsgesetz verfolgt auch den Zweck,
die enteignende Wirkung der staatlich verfolgten Zwangskollek-
tivierung nicht zu perpetuieren, sondern im Verhältnis von Mit-
glied und Nachfolgeunternehmen der LPG weitgehend rückgän-
gig zu machen.
Jedenfalls ist der Auftrag an die Verwaltung i. S. d. Landwirtschaftsanpassungsgesetzes,
DDR-Unrecht in BGB-Recht umzugestalten.
Zusätzlich verweise ich auf das auch für die Bodenneuordnung grundsätzlich einschlägige
Urteil des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) vom 16. Dezember 1986, AZ : 1 BvR 1046 /85,
das sich sehr kritisch mit sämtlichen Vorinstanzen
einschließlich mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes - auseinandergesetzt
und deren Entscheidungen aufgehoben hat.
Es handelt sich um das Verfahren Bäuerlein NN
gegen Daimler Benz AG
,
Land Baden-Württemberg und Gemeinden Boxberg und Assamstadt.
Dieser Bauer hat im wahrsten Sinne des Wortes Rechtsgeschichte geschrieben,
indem er sich auch nicht vom (falschen) Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes
hinsichtlich des Eigentumsbegriffes des Grundgesetzes beirren ließ, sondern das
Bundesverfassungsgericht anrief, wo er in seiner Überzeugung vom Eigentumsrecht
des Grundgesetzes bestätigt wurde. Hätte er diersen Weg nicht beendet, beriefen
sich Verwaltung und Gerichte auf das verbliebene Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die Rechtsuchenden hätten keine Chance.
Ich fasse die Urteilsbegründung des Bundesverfassungsgerichtes zusammen:
Die Fa Daimler Benz AG
wollte eine Teststrecke bauen. Dazu benötigte sie
800ha landwirtschaftliche Nutzfläche. Das Land Baden-Württemberg, die Gemeinden
Boxberg und Assamstadt unterstützten das Ansinnen der Fa Daimler Benz
und ordneten
Flurbereinigungsverfahren als Vorbereitung zur Enteignung
der Grundeigentümer zugunsten der Fa Daimler Benz
an.
Nach dem o. g. Urteil des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) ist die Anordnung
der Unternehmensflurbereinigung durch die Verwaltung zugunsten des Privatunternehmens
Daimler Benz verfassungswidrig.
Der Anordnungsbeschluß und die damit ins Auge gefassten Entschädigungen
sind mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit einer Enteignung i. S. d.
Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG unvereinbar und verletzten daher die Grundeigentümer
in ihren Grundrechten aus Art. 14 Abs. 1 GG.
Die von mir eingelegten Beschwerden gegen Flurbereinigungsverfahren hiesiger
Flurbereinigungsbehörden waren aus verfassungsrechtlichen Gründen notwendig.
Da schon die Anordnung eines Flurbereinigungsverfahrens zugunsten Dritter
nach dem Bundesverfassungsgericht ( BVerfG ) enteignenden Charakter i. S. v.
Art. 14 GG hat, verstossen die Beschlüsse der Verwaltung gegen den Eigentumsbegriff des 14 GG.
Der Anordnungsbeschluß einer Unternehmensflurbereinigung ist mit dem Grundsatz
der Gesetzmäßigkeit der Enteignung i. S. v. Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG unvereinbar
und verletzt die Bodeneigentümer in ihren Grundrechten aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG.
Ich begründe dies unter Hinweis auf die Urteilsbegründung des auch für die Bodenneuordnungsverfahren
auf dem Gebiet der ehemaligen DDR einschlägigen
Urteiles des BVerfG vom 16. Dezember 1986, AZ : 1 BvR 1046 / 85, betr. den
Rechtsstreit Bäuerlein NN
gegen Daimler Benz AG, Land Baden-Württemberg
und Gemeinden Boxberg und Assamstadt
.
Danach verstösst die Anordnung der Flurbereinigung zur Verwirklichung der für
die Fa Daimler Benz AG
in den Bebauungsplänen ausgewiesenen Teststrecke
gegen Art. 14 Abs. 1 und Abs. 3 GG, da sie damit nicht in Einklang zu bringen
war. Dies vor allem deshalb, weil die enteignende Wirkung des Flurbereinigungsverfahrens
in den Fällen der Zusammenführung von Boden - und Gebäudeeigentum
zugunsten eines Privaten eintritt, ohne dass dieser im öffentlichen Interesse handelt.
Denn wie auch bei den Bodenneuordnungsverfahren sollten auch in dem oben genannten
Fall des Bundeserfassungsgerichtes die im Rahmen der Unternehmensflurbereinigung
anwendbaren Vorschriften gerade als Grundlage für die Landbeschaffung herangezogen werden.
Die Frage, ob die betroffenen Eigentümer eine gleichwertige Landabfindung ohne
Flächenabzug erhalten, ist für die verfassungsrechtliche Einordnung unerheblich.
Eine für die Bodenneuordnung in Rede stehende Unternehmensflurbereinigung
kann - wie im Fall zugunsten der Fa Daimler Benz
- mit der Eigentumsgarantie
nur vereinbar sein, wenn sie den Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 3 GG genügt.
Der mit ihr verfolgte Zweck besteht darin, dem Unternehmensträger, doch der Fa
Daimler Benz AG
, die für das Vorhaben benötigten Grundstücke zu beschaffen.
Dies aber ist für die Enteignung typisch.
Durch die Landbeschaffung zur Folgenminderung wird die Fremdnützigkeit des
Eingriffs nicht beseitigt.
Der jeweilige Grundeigentümer muß nach Vorstellung der Verwaltung den Zugriff
auf sein Grundstück zur Verwirklichung eines nicht in seinem Interesse liegenden
Vorhabens dulden.
Die hier in Rede stehende Unternehmensflurbereinigung führt schon heute zum
Entzug von Eigentumspositionen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG . Die
Teilnehmer des Flurbereinigungsverfahrens verlieren ihre Grundstücke ganz oder
teilweise und erhalten dafür regelmäßig nach Abzug der für das Unternehmen benötigten
Flächen eine Landabfindung gleichen Wertes oder eine Entschädigung.
Damit hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass die Inanspruchnahme
von Grundeigentum im Wege der Unternehmensflurbereinigung nicht von der
Sozialpflichtigkeit des Eigentums i. S. d. Art. 14 Abs. 2 GG gedeckt ist.
Darin liegt ein Zugriff auf das Eigentum des Einzelnen unter Umgestaltung
der konkreten Rechtsverhältnisse. An die Stelle des konkreten Eigentumbe-
standes tritt der Eigentumswert.
Auch dies kennzeichnet die Enteignung.
Denn die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG sichert den konkreten
Bestand in der Hand des einzelnen Eigentümers.
Die Anordnung der Flurbereinigung im Rahmen der Bodenneuordnung i. S. d.
Landwirtschaftsanpassungsgesetzes (LwAnpG) entfaltet enteignungsrechtliche
Vorwirkungen
im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG, weil sie abschließend
und für das weitere Verfahren verbindlich über die Verwirklichung des Vorhabens
unter Inanspruchnahme fremden Eigentums entscheidet.
Mit der Bestandskraft der Planungsentscheidung soll die Zulässigkeit einer für das
Vorhaben erforderlichen Enteignung dem Grunde nach festgestellt werden
(Grundverwaltungsakt).
Weiteren Enteignungsschritten kann nicht mehr die Unzulässigkeit des Vorhabens
entgegengehalten werden. Die Frage des Grunderwerbes wird daher folgerichtig
dem Flurbereinigungsverfahren zugeordnet.
Schließlich erfordert auch der grundrechtlich garantierte Anspruch auf einen umfassenden
und effektiven Rechtsschutz, dass die verfassungsrechtliche Überprüfung
nicht erst bei der konkreten Durchführung der Planungsentscheidung
ansetzt. Maßstab hierfür ist allein Art. 14 Abs. 3 GG . Danach steht die enteignungsrechtliche
Qualität der Unternehmensflurbereinigung wegen ihrer Fremdnützigkeit außer Frage.
Eine Enteignung zu Gunsten Privater, bei der Eigentum zwangsweise von einem
Staatsbürger auf den anderen Staatsbürger übertragen werden soll, die nur mittelbar
dem Gemeinwohl dient und die im erhöhten Maße der Gefahr des Mißbrauches
zu Lasten des Schwächeren ausgesetzt ist, wirft jedoch besondere
verfassungsrechtliche Probleme auf. Dazu ist eine gesetzlich vorgesehene
effektive rechtliche Bindung des begünstigten Privaten an das Gemeinwohlziel
notwendig.
Die Anwendung hierzu ungeeigneter Vorschriften hat sich im vorliegenden Fall in
einer Weise ausgewirkt, die der verfassungsrechtlichen Eigentumsgewährleistung
nicht gerecht werden kann.
In den ostdeutschen Verfahren der Bodenneuordnung gem. 8. Absch. LwAnpG
halten die Oberen Flurbereinigungsbehörden die Prüfung, ob eine Enteignung
zulässig ist, nicht für erforderlich, weil bei einem Bodenneuordnungsverfahren
eine Enteignung und ein Landabzug unvermeidbar sei.
Das Fehlen einer Konkretisierung des Enteignungszweckes, der Mangel an
materiellen und verfahrensrechtlichen Vorgaben des Gesetzgebers für die
Gemeinwohlaktualisierung sowie der Ausfall gesetzlicher Regelungen zur
Sicherung des Enteignungszweckes zwingen zu dem Schluß, dass der
Gesetzgeber keinen anderen Sinn und Zweck sieht, als die enteignende
Wirkung der Zwangskollektivierung nicht zu perpetuieren, sondern weitmöglichst
rückgängig zu machen.
Im Blick auf eine Enteignung ist immer die unvoreingenommene Prüfung der
Frage zu gewährleisten, ob der Enteignungszweck dem allgemeinen Wohl nach
Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG entspricht und eine Enteignung zu diesem Zweck erforderlich ist.
Durch eine bis zum Ende der Nutzungsdauer des Gebäudes zu zahlende Nutzungsentschädigung
etwa wäre auch eine Enteignung des Gebäudeeigentümers,
falls sie dem Enteignungszweck, nämlich dem allgemeinen Wohl i. S. v.
Art 14 Abs. 3 Satz 1 GG entsprechen sollte, nicht erforderlich.
Aber diese Lösung entspräche nicht dem Wille des Gesetzgebers. Der Gesetzgeber
will das Privateigentum und die darauf beruhende Bewirtschaftung wieder herstellen
und gewähren und zwar in vollem Umfang.
Im Blick auf das Gebäude bleibt festzustellen, dass dieses im Sinne des Grundgesetzes
verfassungswidrig erworben wurde. Der in § 1 LwAnpG zum Ausdruck
gebrachte Sinn und Zweck des Landwirtschaftsanpassungsgestzes, nämlich das
Eigentum und die darauf beruhende Bewirtschaftung wieder herzustellen und gewährleisten,
wäre durch die Enteignung des Gebäudeeigentümers bzw. den Abriß
des Gebäudes noch am ehesten garantiert.
März 2021
Aufgrund einer Dienstaufsichtbeschwerde gegen den Landrat a. D.
Arnst Steinbach und der Leiterin der Oberen Flurbereinigungsbehörde
Pohler vom ... teilte mir die Landesdirektion Sachsen mit, dass laut
Aussage des Sächsischen Staatsministeriums für Regionalentwicklung,
dass bei 8.000 durchgeführten Bodenneuordnuingsverfahren allein
im Freisttaat Sachsen zugunsten der Gebäudeigentümer (LPG-Nachfolgebetriebe)
diesen der Grund und Boden zugesprochen worden sind.